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Album-Review: Psychedelic Porn Crumpets – High Visceral, Pt. 1
Die Psychedelic Porn Crumpets sind eine der Bands da draußen, die viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen. Dies ist aber ein besonderer Fall, denn das Problem rührt vermutlich mit von ihrem komplett unkommerziellen Bandnamen her. Sympathischer macht das die Porn Crumpets, wie sie gerne kurz genannt werden, auf jeden Fall. Das Psychedelic kann man vor allem auch getrost weglassen, da das Psychedelische in der Musik liegt. Ihr Debüt High Visceral, Pt. 1 ist nämlich sicherlich eines der besten Psychedelic-Rock-Alben der 2010er Jahre und erfüllt viele Clichés des Genres, ohne dabei clichéhaft zu wirken oder zu klingen. Die Songs sind gefüllt mit abgespaceten Lyrics, Vocal-Effekten, Streicher-Einlagen und überlangen Klimaxen. Paradebeispiel ist das Math-Rock-angehauchte Meisterstück …And the Addled Abstraction of Being – der Name ist, wie schon wenn es um den Bandnamen an sich geht, Programm. Das Besonderste an der Band aus Australiens Szene-Hochburg Perth muss aber das Gitarrenspiel sein, das vor Kreativität nur so strotzt und Gitarrenmusik somit aufregender denn je macht. Dass die Porn Crumpets sich in der Perth gegen so viele andere Vertreter durchgesetzt haben spricht da für sich.
Ihr Debüt-Album High Visceral, Pt. 1, das Auftakt eines Zweiteilers ist, mag das Rad nicht neu erfinden, klingt aber trotzdem innovativ und authentisch. In klassischer Beatles-Besetzung spielt die Band mit zwei Gitarristen, einem Bassisten und einem Schlagzeuger. Mit ihren zwei Gitarren tut die Band jedoch mehr als nur in Rhythmus-und Leadgitarristen zu unterteilen – beide übernehmen beide Parts, zugleich und allgegenwärtig. Es findet schon fasst ein Kampf, ein ständiges Auf und Ab, zwischen den zwei Gitarren statt, das sauber durch das Stereo getrennt wird, ohne das melodische und rhythmische Überlappungen verloren gehen. Der Gesang tritt in den Strophen oft verzerrt, gar in die Musik eingegliedert, auf, sticht dann aber charismatisch in den Refrains heraus.
Song bei Song durch "High Visceral, Pt. 1"
Der Opener zu High Visceral, Pt. 1 mit der Bezeichnung Cornflake ist so ziemlich der flachste Song des Albums, in dem Sinne, dass er als ziemlich geradlinige Garage-Rock-Nummer durchgeht. Wie das Gitarren-Riff am Anfang hereinfliegt ist aber in erster Linie spacey as hell. Das Riff selbst ist typisch für die Porn Crumpets: es klingt verspielt und irgendwie fremd für die Ohren, wenn man denn nicht daran gewöhnt ist – immerhin schreibt die Gruppe auch gerne einmal Rock in Dur, was äußerst skurril ist.
Mit Cubensis Lenses wird es nach Cornflake noch Hard-rockiger. Bei Track Nummer 2 handelt es sich um eine sechsminütige Eskapade um ein einziges, verdammt eingängiges Riff. Diese beiden ersten Titel sind nicht nur zugänglich für Rock-Fans, sondern auch eher weniger Porn Crumpets-esque, als alles, was danach folgt.
Marmalade March ist ein erstes Beispiel für ein Dur-Riff und ein wahrer PPC-Song mit verrückten Vocals sowie Lyrics und einem Chorus, indem sich die Instrumentation zu einem Monster entwickelt. Marmalade March diente ebenfalls als Single für High Visceral, Pt. 1.
Als vierten vollwertigen Track auf der A-Seite des Albums gibt es dann …And the Addled Abstraction of Being zu hören – eines der Highlights – endend mit dem Schließen einer Autotür, die den lauten Psychedelic ausschließt und fröhliches Vogelzwitschern an das Ohr des Hörers führt. Das wird wiederum als Überleitung für das Interlude High Visceral genutzt, welches einem eine kurze und wohl verdiente Verschnaufpause zugesteht.
Die B-Seite beginnt mit Surf’s Up, ebenfalls eine Auskopplung aus dem Album, die mit ihrem funky Vibe und der kurzen Laufzeit wohl sehr gut gewählt ist. High Visceral, Pt. 1 findet seinen Abschluss in den zwei Longplayern Found God In A Tomato, ja, dies ist wirklich einer der besten Songtitel aller Zeiten, und Denmark / Van Gogh & Gone.
Ersterer begibt sich teilweise in progressivere Gefilde. Atmosphärische und langsame Basslines und Gitarrenriffs gehen über in schnellere und lautere solche. Im Chorus und dem ausführlichen Jam am Ende des Songs hören wir dann auch den tiefen, halligen Sound der Porn Crumpets, in den man sich fallen lassen kann. Begleitet von starker Distortion und cleanerer Vocals, die im Klangbild des Songs versinken. Found God In A Tomato präsentiert aber auch eingängige Riffs, sowie prägnantere Licks und Soli. Dieser Song vereint fast alle typischen Elemente des Sounds der Psychedelic Porn Crumpets.
High Visceral, Pt. 1 mündet aber, über das Interlude Entropy, in den wunderschönen Closer Denmark / Van Gogh & Gone. Dies ist das meditativste, melancholischste und atemberaubendste Stück des Albums. Teils instrumentiert mit Streichern, sehr psychedelisch und ruhiger. So ist dieser Song definitiv einer der besten Closer der jüngeren Rockgeschichte.
Abschließend lässt sich sagen, dass der erste Teil von High Visceral ein außergewöhnlich gelungenes Debüt ist und sicherlich eines der besten – und das nicht nur im Psychedelic-Zweig – Rock-Alben der letzten Jahre.
8.5 / 10
Anspieltipps: "Surf's Up"; "Found God In a Tomato"; "Cornflake"
weitere Highlights: "Denmark / Van Gogh & Gone"; "...And the Addles Abstraction of Being" / "High Visceral"
High Visceral, Pt. 2: 7.5 / 10
Anspieltipps: "Buzz"; "Dependant On Mary"
Highlights: "Gurzle" / "First Light in the Garden at Chipping"; "Move"; "It's Not Save to Leave This House" / "November"
High Visceral, Pt. 1 bei Spotify: https://open.spotify.com/album/2BlcdDBE62JOtVOgC3L3xo?si=kj3A2MpzSSu2I9hd92LOEw
High Visceral, Pt. 1 auf Apple Music: https://music.apple.com/de/album/high-visceral-pt-1/1087644953