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Film-Kritik: Dune (Denis Villeneuve, 2021)

Am Donnerstag habe ich ihn erstmalig gesehen: DUNE, den wohlmöglich heiß erwartetsten Film des Jahres; die Adaption des gleichnamigen, hochkomplexen Science-Fiction-Klassikers aus den 1960ern.

Hintergründe und Erster Eindruck (nach dem ersten Kinogang)

Am Donnerstag habe ich ihn gesehen: Dune, den wohlmöglich heiß erwartetsten Film des Jahres von Denis Villeneuve, der für von der Kritik gefeierte Werke wie Arrival, Sicario oder Blade Runner 2049 verantwortlich. Die Musik steuert diesmal Hans Zimmer bei, der dafür eine Zusammenarbeit mit Christopher Nolan – den er sonst immer musikalisch begleitet – abgelehnt hat. Dune ist also nicht nur für Villeneuve, sondern auch für Zimmer ein Herzensprojekt. 
Die Vorlage ist Frank Herbert's Sci-Fi-Klassiker Dune – oder im Deutschen Der Wüstenplanet – aus den 1960er Jahren. Das Buch gilt gemeinhin als unverfilmbar und so ist in den '80ern auch schon Regielegende David Lynch an einer Adaption für die Leinwand gescheitert. Er hatte damals das gesamte Werk in 137 Minuten gequätscht. Villeneuve erzählt hingegen ungefähr die Geschichte der ersten 400 Seiten der deutschen, circa 600-seitigen Ausgabe von Heyne. Wie sich herausstellt genau die richtige Entscheidung.

Dune ist das, was man als "erwachsene Science-Fiction" bezeichnen könnte. Die Handlung ist düster, politisch, unglaublich komplex und religiös aufgeladen. Das Worldbuilding lebt von seitenlangen, quasi wissenschaftlichen Exkursen über Ökologie, Ökonomie, Religion und Politik, die die Story teilweise als Extraabschnitte unterbrechen. Im Kern von Dune steckt trotzdem eine Heldenreise, eine Geschichte von einem Auserwählten, einem Messias. Und es gibt teilweise auch eine klare Aufteilung in Gut und Böse.

Ich würde Dune für den Laien, der nur die Essentials des fantastischen Kinos kennt als eine Mischung aus Game of Thrones und Star Wars zusammenfassen. Da ist ein Imperator, der mächtig genug ist, um über mehrere große Adelshäuser zu bestimmen und unser Held gehört väterlicherseits einem dieser Häuser an, ist mütterlicherseits aber auch mit einer Art magischem (Frauen-)Orden verbandelt. Sein Name ist Paul Atreidis. Gespielt wird er vom großartigen Timothée Chalamet, vor allem bekannt aus Call Me By Your Name. Das Haus Atreidis, dessen Erbe er ist, wird vom Imperator auf den Wüstenplaneten Arrakis geschickt. In dessen Sand befindet sich der wertvollste Rohstoff des Universums: Spice, eine psychoaktive Chemikalie und der Grund dafür, dass Raumfahrt überhaupt möglich ist. Zuvor wurde Arrakis vom Haus Harkonnen verwaltet. Die Harkonnen sind durch den Handel mit Spice stinkreich geworden, was ihre Grausamkeit und Gier nur noch weiter angefacht hat. Nun sollen sie von den Atreidis auf Befehl des Imperators abgelöst werden.
Paul Atreidis hat bereits seit längerem Träume vom Wüstenplaneten und der dort lebenden indigenen Bevölkerung, den Fremen, die von den Harkonnen unterdrückt wurden. Genauer gesagt sieht Paul immer wieder ein Mädchen, gespielt von Zendaya (Spiderman: Homecoming, Far From Home und No Way Home). 

Aber genug der einleitenden Worte und dafür zu meinem ersten Eindruck: Ich fand Dune einfach grandios. Denis Villeneuve's Entscheidung nur einen Teil des ersten Buches zu verfilmen, geht zusammen mit seiner langsamen Erzählweise perfekt auf. Natürlich kann trotzdem bei weitem nicht jeder Handlungsstrang oder jedes Detail der Vorlage aufgegriffen werden, aber es gibt gerade genug Charaktermomente, um die anfängliche Figurenkonstellation verständlich und emotional aufgeladen darzulegen, und viel Exposition, die die Welt verständlich erklärt, ohne dabei das vollständige Eintauchen, die Immersion des Zuschauers in jene zu behindern. Zu ersterem trägt die Besetzung einen nicht unerheblichen Teil bei. Neben Timothée Chalamet (Paul Atreidis) und Zendaya (Chani) sieht man unter anderem Oscar Isaac (Herzog Leto Atreidis), Rebecca Fergusson (Lady Jessica), Josh Brolin (Gurney Halleck), Stellan Skarsgård (Baron Wladimir Harkonnen), Jason Momoa (Duncan Idaho) und Javier Bardem (Stilgar). Besonders Rebecca Fergusson gefiel mir sehr gut, da sie die Ambivalenz, Stärke und den inneren Konflikt ihrer Figur ohne übermäßig viel diesbezüglichen Dialog mit viel Präsenz auf die Leinwand bringt. Jason Momoa's Duncan Idaho ist so etwas wie ein Bruder oder bester Freund für Paul Atreidis und das kauft man den beiden Schauspielern perfekt ab. Hier stimmt die Chemie einfach so gut, dass der Zuschauer trotz weniger Szenen mit den beiden ihre Beziehung versteht und bewundert. So könnte ich jetzt eigentlich jeden Schauspieler abfertigen; vom ekelerregenden, furchteinflößenden Baron der Harkonnen bis hin zum Elite-Kämpfer Gurney Halleck

Dune ist ein Film für's Kino, für die große Leinwand. Eine weitere allseits bekannte Eigenschaft von Denis Villeneuve's Filmen ist ihre Bildgewalt. In Dune gilt das mehr denn je. Ich habe noch nie einen so perfekt aufgemachten Film gesehen. Jede Einstellung ist ein Kunstwerk. Die Effekte sind makellos. Der Look ist atemberaubend. Die Kostüme und Locations sind nicht so schrill farbenfroh wie noch bei Lynch, sondern passen zur Atmosphäre der Handlung. Das Sahnehäubchen ist Hans Zimmer's Filmmusik, die höchst experimentell ist. Es kommen Dudelsäcke, Kehlengesang und afrikanisch angehauchte Rhythmen zum Einsatz.
Insgesamt kann ich gar nicht in Worte fassen wie überwältigt ich von alldem bin. Tatsächlich habe ich über die ersten drei Viertel des Films fast durchgängig lächeln müssen. Einzig das letzte Viertel hat sich meines Erachtens nach ein wenig gezogen. Hier liefert Villeneuve an den spannendsten Punkten Pay-off. Es findet im Gegenzug viel weniger Worldbuilding statt. Gleichzeitig ist auch das Szenenbild eintönig. Beides ist der Handlung geschuldet. Dies ist aber Meckern auf hohem Niveau, denn trotzdem habe ich auch das letzte Viertel genossen. Und ganz ehrlich: Zugunsten essenzieller Handlungsbestandteile ist es absolut normal, dass manchmal (wortwörtliche) Durststrecken bestehen. Also, ich bitte euch: Geht ins Kino. Es lohnt sich.

9 / 10