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2024: Alle Alben, die ich bisher gehört habe, reviewed

In diesem Beitrag findet ihr Reviews zu allen 2024er Alben, die ich dieses Jahr bisher gehört habe. Die Alben sind dabei absteigend nach Rating sortiert, sodass oben das beste und unten das schwächste zu finden ist.

Nachdem mich das erste Album des Radiohead-Nebenprojekts The Smile nicht überzeugen konnte, war ich schnell gewillt über ein zweites Album zu sagen: Hätten Thom Yorke und Jonny Greenwood nicht stattdessen Radiohead wieder zusammenrufen und neues Material dort umsetzen können? Tja, wie sich gezeigt hat, ist "Wall of Eyes" alles oder, zumindest vieles, was man sich von einem neuen Radiohead-Album hätte erhoffen können. Tatsächlich huldigen Yorke, Greenwood und Jazz-Schlagzeuger Tom Skinner auf "Wall of Eyes" den Post-Rock-Wurzeln der klassischen Radiohead-Ära – und überraschenderweise bauen sie vor allem auf den schwächeren Aspekten des Vorgängers "A Light for Attracting Attention" auf, setzen also vor allem auf ruhigere, ausgedehntere und unkonventioneller strukturierte Kompositionen. Dabei gibt's allerhand ungewöhnliche Taktarten, gnarlige Gitarren, Greenwoods Streicher-Arrangements und generell spannende Texturen.

85 / 100

Standout: "Bending Hectic"
weitere Highlights: "Teleharmonic"; "Friend of a Friend
Lowlight: /

Bisher mein Geheimtipp Geheimtipp des Jahres: Tapir! haben mit "The Pilgrim, Their God & The King Of My Decrepit Mountain" ein dreiteiliges (3 EPs) Konzeptalbum vorgelegt, das sich genretechnisch irgendwo zwischen Kammer Folk, Folktronica, Post-, Art- und Indie Rock abspielt. Besonders sind im Vergleich zu anderen Werken eben vor allem die meist synthetisches Drums; düstere, fuzzy Gitarren auf "Broken Ark" oder jazzy Instrumentation auf "On a Grassy Knoll (We'll Bow Together)". Im Laufe des Albums verfolgt man eine Pilgerreise, die die Hauptfigur durch die Hölle und auf die höchsten Berge führt. All das bei gefühlt bzw. gehört herbstlich bis winterlich trockenem Wetter; zwischen Hoffnung, spiritueller Erleuchtung und Melancholie – und trotzdem ganz unprätentios und, wenn man so will, unreligiös. Eine Empfehlung für alle Fans von Indie Folk, aber auch spezifisch von Künstler*innen wie Black Country, New Road, Joanna Newsom, Fleet Foxes, Jim O'Rourke usw.

80 / 100

Standout: "Mountain Song"
weitere Highlights: "On a Grassy Knoll (We'll Bow Together)"; "Broken Ark"; "Untitled"; "My God"
Lowlight: /

Auch die britischen Post-Punker IDLES nehmen sich keine Auszeit. Zumindest fühlt es sich für mich so an. Eigentlich hat sich die Band bisher ihre längste Pause zwischen Alben überhaupt gegönnt. Drei Jahre sind seit "CRAWLER" vergangen und IDLES haben sich in dieser Zeit auf jeden Fall weiterentwickelt. Während es auf "CRAWLER" noch um den Kampf mit der Drogensucht ging und Joe Talbot sich vom Tiefpunkt seines Lebens wieder hocharbeiten musste, handelt "TANGK" jetzt vom Thema aller Themen: Liebe. IDLES passen sich aber nicht etwa dem Thema an, ganz im Gegenteil: Die Liebe muss sich ihnen anpassen. Es geht um die Liebe zwischen befreundeten Männern, die Liebe zu den Kindern, die (Un-)Liebe zur britischen Monarchie ("Fuck the king / He ain't the king / She's the king"), die Liebe zur Berufung, zum Tanzen, um Liebeskummer und Liebesblindheit ("Baby, baby, baby / I'm a smart man / But I'm dumb for you"). IDLES prädigen also wieder, nur diesmal nicht punkigen Politkommentar, sondern Liebe. Dabei fallen auch einige Lieder mal deutlich ruhiger als gewohnt aus und IDLES experimentieren mit Drones, Piano und Synthesizer. Das erinnert nicht nur irgendwie manchmal an Radiohead, es ist sogar produziert vom Quasi-Radiohead-Bandmitglied Nigel Godrich. Dass nicht bei allen Stücken im Ergebnis die raffiniertesten oder befriedigsten Songs rauskommen, ist am Ende nur Nebensache. 

80 / 100

Standout: "Gift Horse"
weitere Highlights: "Roy"; "Dancer" mit LCD Soundsystem; "Jungle"; "Gratitude"
Lowlight: "A Gospel"

In eine ähnliche Kerbe wie Tapir! schlagen Friko, ebenfalls mit ihrem Debütalbum "Where we've been, Where we go from here", das von vielen Indiefans jetzt schon als Debüt des Jahres gesehen wird. Die Band knüpft stilistisch vor allem an Art Rock und Chamber Pop von Black Country, New Road oder Arcade Fire an. Es ist typischer Indie, aber mit diesem besonderen Touch zwischen musikalischem Lo-Fi und emotionaler Verletzlichkeit. Ich habe allerdings noch meine Zweifel, ob das Album die "staying power" hat, um bis zum Ende des Jahres frisch zu bleiben.

80 / 100

Standout: "Get Numb To It!"
weitere Highlights: "Where We've Been"; "Crashing Through"; "Statues"
Lowlight: /

Spätestens seit letztem Jahr ist Caroline Polachek eine der Alt-Pop-Stars derzeit. "Desire, I Want To Turn Into You" war auch bei mir zumindest sehr kurz davor, Album des Jahres 2023 zu werden. Im Nachgang hatte Polachek bereits mehrere neue Singles veröffentlicht. Darunter den experimentellen Pop-Banger "Dang" und eine brilliant produzierte Neuinterpretation des Album-Tracks "Butterfly Net" zusammen mit niemand geringerem als Weyes Blood. Auf der Deluxe-Veröffentlichung finden sich neben diesen bereits bekannten Songs fünf weitere neue Stücke, die konzeptionell zum Hauptalbum passen, dieses stilistisch erweitern und zum Teil auch genauso gut in einem Atemzug mit einigen der Album-Tracks genannt werden könnten.

80 / 100

Standout: "Spring Is Coming With A Strawberry In The Mouth"
weitere Highlights: "Dang"; "Coma"
Lowlight: /

Mit einer ähnlichen Goth-Energie, nur im 80s-Synthpop- bzw. Electro-Disco-Gewand, kommt Allie X auf ihrem dritten Album "Girl With No Face" daher. Es ist ein Album, mit dem die selbstproduzierte Künstlerin sich eigentlich in die Reihen der gehyptesten Alt-Pop-Interpret*innen einreihen sollte. Sie erinnert in ihrer Exzentrik ein bisschen an Nena oder, um auf aktuellere, internationale Beispiele zurückzugreifen, MARINA und Robyn, nur eben ergänzt um diesen Coldwave/Goth-Vibe. Der Closer "Truly Dreams" erinnert gesangstechnisch und inhaltlich sogar an Kate Bush. Selbst wenn mir Songs überhaupt nicht zusagen, wie die Lead-Single "Off With Her Tits", findet sich doch genug Substanz, um zumindest Anerkennung zu verspüren. Gerade "Off With Her Tits" macht es einem da sehr einfach mit einer einzigartig präsentierten und äußerst wichtigen Message: "My body is a prison, but how can I escape? Doesn't matter what I do, I'm filled up with hate. Go take the piss, I'm flat with a wit. Not soft, full of shit, now off with her tits". Also, eigentlich das Rezept für ein fantastisches Album, wären da nicht die ein oder zwei wirklichen Fehltritte, das steife "John and Jonathan" und das trotz sexuellem Text zahme "Hardware Software".

75 / 100

Standout: "Galina"
weitere Highlights: "Weird World"; "Girl With No Face"; "Black Eye"; "Truly Dreams"
Lowlights: "John and Jonathan"; "Hardware Software"

"ORQUÍDEAS" ist für mich nicht weniger als Kali Uchis' Comeback nach ihrem eher durchwachsenen, um nicht zu sagen langweiligen letzten Album "Red Moon In Venus" aus 2023, auf dem es ihr nur selten gelungen ist, mehr als seicht angenehmen R&B zu produzieren. Jetzt wissen wir auch warum; das Feuer hat sie sich nämlich für dieses Jahr aufgehoben! Auf "ORQUÍDEAS" ist einiges anders, denn der Großteil dieses Albums spanisch – sowohl sprachlich, als auch musikalisch. Dabei ist eine Zweiteilung in der Tracklist zu erkennen. Die ersten sechs Songs sind eher weiche Dance-Pop-Stücke, es folgt Track 7, eine grandiose Bolero-Nummer namens "Te Mata", und dann erwarten einen auf der zweiten Seite eher kontemporäre Latin-Pop-Banger mit berühmten Gästen wie El Alfa, KAROL G und Rauw Alejandro, die den doch sehr kommerzialisierten Reggaeton von z.B. Bad Bunny locker in den Schatten stellen. "ORQUÍDEAS" ist vielleicht Kali Uchis' bestes Album bisher.

75 / 100

Standouts: "Te Mata"
weitere Highlights: "¿Cómo Así?"; "Igual Que Un Ángel" mit Peso Pluma; "Dame Beso / Muévete"
Lowlights: "Diosa"; "Perdiste"

Was letztes Jahr boygenius war, sind dieses Jahr The Last Dinner Party. Ich wage mal eine ganz steile These: Im Gegensatz zur Indie Pop-Sensation 2023, hat die Indie Pop-Sensation 2024 ihren Hype auch wirklich verdient. Ich mag boygenius zwar, aber musikalisch begründen konnte ich das ganze Tohuwabohu um sie persönlich nicht. Bei The Last Dinner Party fällt mir das auf der anderen Seite leicht, denn "Prelude to Ecstasy" ist wirklich der perfekte Mix aus dem exzentrischen Glam-Post-Punk von HMLTDs Debüt "West of Eden" (mit dessen Frontmann Sängerin Abigail Morris sogar in einer Beziehung war), der glamorösen Theatralik von Florence + the Machine, dem Sad-White-Girl-Indie von Mitski und der experimentellen Produktion von St. Vincent. Dabei ist jeder Song memorable und fast alle haben so ein eigenes Element, einen eigenen Charme, der dazu beiträgt. 

75 / 100

Standout: "Nothing Matters"
weitere Highlights: "Burn Alive"; "Caesar on a TV Screen"; "Sinner"
Lowlight: "Portrait of a Dead Girl"

"What Now" ist das erstklassig produzierte und abwechslungsreiche zweite Solo-Album von Alabama Shakes-Frontfrau Brittany Howard. Bis jetzt handelt es sich hierbei um nicht weniger als das Soul-Album des Jahres, auf dem die Singer-Songwriterin vor allem eine vergangene, toxische Beziehung verarbeitet. Das tut sich auf verschiedenste Arten und Weisen. Das lässt sich allein an den ersten vier Songs examinieren. Man hört Psychedelic Soul, Neo-Psych und Chipmunk-Soul auf "Earth Sign" und/oder "I Don't",  richtige Wut auf der Funk Rock-Nummer "What Now" und dem Neo-souligen "Red Flags". Dazu kommen immer wieder diese meditativen Ambient-Outros und auf Track 9 "Samson" und dem Closer "Every Color In Blue" sogar Jazz. Es ist ein farbenfrohes Album, das vieles kann und letztlich nur von einigen weniger spannenden Songs zurückgehalten wird.

75 / 100

Standout: "What Now"
weitere Highlights: "Earth Sign"; "I Don't"; "Red Flags"; "Samson"
Lowlights: "To Be Still"; "Another Day"

Auf den ersten Blick ist Marika Hackmans "Big Sigh" ein Album, das sich nur zu gut in die Schublade von gut gemachtem, aber wenig außergewöhnlichem traurigen Singer-Songwriter/Indie-Pop einordnen lässt. Auch die Singles an sich ließen vorweg nichts anderen vermuten und so habe ich nicht schlecht gestaunt, als ich es an einem Freitagmorgen angeschmissen habe und feststellen musste: Irgendwas hebt Marika Hackman doch ein gutes Stück von ihren contemporaries ab. Das wird schon direkt beim wundersamen und nicht weniger als wunderschönen Intro "The Ground" klar, auf das folgend Marika Hackman mit "No Caffeine" eine Lehrstunde darin gibt, wie man so einen traurigen Indie/Singer-Songwriter-Song zu einem Banger erhebt, die sogar boygenius höchst blass aussehen lässt. Das ist im Ernst – und ich hätte das nie erwartet – einer der besten Songs des Jahres bisher. Daran kann "Big Sigh" zwar an keinem Punkt wieder anknüpfen, trotzdem ist auch der Rest des Albums dem Einheitsbrei des Genres meistens einen Schritt voraus. 

75 / 100

Standout: "No Caffeine"
weitere Highlights: "The Ground"; "Big Sigh"; "Blood"; "Slime"
Lowlight: "The Lonely House"

Auf ihrem Debütalbum waren sie chronisch online, jetzt sind sie in die Mystik von Universum, Meeresbiologie, Mythologie eingetaucht. So ungefähr könnte man versuchen den Wandel von glass beach metaphorisch zu beschreiben. Das eben gesagte schlägt sich sowohl musikalisch als auch inhaltlich nieder. Wo auf "the first glass beach album" Lyrics nah an unserer Lebensrealität in der Ära des Internets zu finden waren, wird's auf "plastic death" schon schwieriger die Texte zu interpretieren. Besonders auffällig sind die vielen maritimen Begriffe: "whalefall", "coelacanth" und "abyss angel" heißen drei Songs auf dem Album. Musikalisch könnte man "plastic death" wiederum als einen Mix aus dem chaotischen Math Rock von black midi oder The Mars Volta, Radiohead's In Rainbows-Ära und dem Post-Hardcore von The Dismemberment Plan beschreiben. Für wen das jetzt ansprechend klingt; sofort hin da! Wen irgendeine dieser Komponenten oder der gesamte Mix abstößt; lieber bleiben lassen. Auch mir gefällt hier definitiv nicht alles. Die Produktion klingt teilweise etwas leblos, manchmal wird's sehr prätentiös, an einigen Stellen fallen die Vocals eher negativ als positiv aus und generell funktioniert einfach nicht alles bei so einem Album. Das Wunder ist also nicht ganz passiert auf glass beachs "plastic death".

75 / 100

Standout: "rare animal"
weitere Highlights: "coelacanth"; "motions"; "the CIA"; "commatose"; "abyss angel"
Lowlights: "slip under the door"; "cul-de-sac"; "puppy"

"She Reaches Out To She Reaches Out To She" ist eine weiteres glamorös düsteres Album von Chelsea Wolfe. Neben den für sie typischen Darkwave-Elementen experimentiert sie diesmal aber auch mit Industrial(-Rock) und Trip-Hop. Die Ergebnisse variieren zwischen lediglich vibey und beeindruckend. "She Reaches Out..." wird vor allem von seinem starken Start und Ende getragen. Dazwischen wird's nur leider relativ vergessenswert, zumindest meiner Meinung nach (als Kontrast: Anthony Fantano, der wohl einflussreichste Musikkritiker unserer Zeit vergibt an das Album eine seiner sehr raren 9er Bewertungen).

75 / 100

Standout: "Dusk"
weitere Highlights: "House of Self-Undoing"; "Everything Turns Blue"; "Place In The Sun"
Lowlights: "Eyes Like Nightshade"; "Salt"

Es würde mich nicht überraschen, wenn Mk.gees größte Inspiration für sein Album "Two Star & The Dream Police" Frank Oceans "Blonde" gewesen wäre. Sein Lo-Fi-psychedelischer, R&B-esquer Singer-Songwriter klingt hier nämlich vor allem nach folgendem: Trauriger, weißer Hetero-Typ nimmt im Ferienhaus seiner Eltern am Rechner, gelegentlich unter Marihuana-Einfluss, seine Version von Frank Oceans "Blonde" oder Steve Lacys "Gemini Rights" auf. Das ist in keiner Weise böse gemeint – tatsächlich ist das Ergebnis teilweise wirklich richtig gut – und ich weiß auch nicht, ob Mk.gee wirklich hetero ist, kifft oder seine Eltern ein Ferienhaus haben. Das ist einfach nur das, wonach sich dieses Album anhört. Es fühlt sich auch überhaupt nicht schlecht an. Tatsächlich kreiert diese – ich taufe sie mal – romantische Nostalgie, von der jede Note nur so trieft, einen richtig schönen Vibe. 

70 / 100

Standout: "Alesis"
weitere Highlights: "How many miles"; "Are You Looking Up"; "Dream police"
Lowlights: "Breakthespell"

Auf ihrem neuen Album "Loss of Life" verliert sich das legendäre Indie-Duo leider zu oft in langsamen Gitarrenballaden von Stadionproportionen. Das Großartige daran kommt leider nur allzu selten wirklich zum Tragen. Von dem für MGMT typischen Gefühl für Popmusik oder der geschmackvollen, jugendlich energetischen Produktion mit psychedelischem Touch kommt leider auch zu selten was durch. Das Paradebeispiel ist das Duett mit Christine and the Queens: "Dancing In Babylon" fühlt sich an wie diese typische großaufgezogene Adult Contemparory-Single mit deeper Message, wie so eine typische Lebensweisheit, die man manchmal einfach nicht hören will. Es kann funktionieren, nicht selten ist es aber auch einfach prätentiös – so wie hier. Schlicht gesagt ist "Loss of Life" das erste MGMT-Album, wo man den Menschen dahinter anmerkt, dass sie eben nicht mehr in ihren 20ern sind. Fühlt man sich da hinein, gibt's hier noch einige schöne Momente zu finden. Insgesamt bleibt "Loss of Life" aber eher eine Enttäuschung im Vergleich zum letzten Album "Little Dark Age".

70 / 100

Standout: "Mother Nature"
weitere Highlights: "Nothing To Declare"; "I Wish I Was Joking"
Lowlights: "Dancing In Babylon (feat. Christine and the Queens)"; "Nothing Changes"

Die beste UK-Rapperin ist zurück: Little Simz hat mit "Drop 7" die siebte EP aus ihrer Drop-Reihe veröffentlicht. Dass die keinesfalls mit ihrem Album-Material aus den letzten Jahren mithalten kann, war bei einem Release dieses Formats von vornherein klar. Simz nutzt die Drop-EPs nämlich vor allem um sich auszuprobieren. Bis auf wenige Ausnahmen gelingt ihr das auf "Drop 7" wirklich hervorragend. Diesmal flowed Simz nämlich über elektronischenDance-Beats statt über den gewohnten organischen Orchestral Hip-Hop-Instrumentals. Bemerkbar sind da insbesondere Einflüsse vom britischen EDM-Subgenre Grime, zu hören im Opener "Mood Swings", und dem aus Rio de Janeiro stammenden funk mandelão, am besten erkennbar auf "Fever". Mit "SOS" stellen Simz und Produzent Jakwob, der auch schon Production auf Little Simz' Meisterwerk "Sometimes I Might Be Introvert" beigesteuert hat, sogar einen fast schon instrumentellenDance-Track auf die Beine. Am stärksten ist aber der melancholische, Piano-geführte Abschluss der EP, "Far Away", auf dem Simz ihre bisher beste Gesangsperformance liefert. 

70 / 100

Standout: "Far Away"
Highlights: "Mood Swings"; "SOS"
Lowlights: "I Ain't Feeling It"; "Power"

Indie Pop- und Singer-Songwriter-darling Declan McKenna versucht sich auf seinem neuen Album am Psychedelic Rock, bekommt es aber weder hin, richtig gute Songs auf dem Niveau vergangener Alben zu schreiben, noch dem Genre irgendetwas Nennenswertes oder Neues hinzuzufügen. Übrig bleibt ein charmantes, aber doch recht durchschnittliches fünftes Album. 

65 / 100

Highlights: "Sympathy"; "Mulholland's Dinner and Wine"; "The Phantom Buzz (Kick In)"; "It's an Act"
Lowlights: "WOBBLE"; "Breath of Light"

Entspannter Soft-Rock aus Atlanta, Georgia: Ambitionen merkt man Faye Webster auf ihrem neuen Album genau dreimal an. Zuerst beim Jammen auf dem über sechsminütigen Opener "Thinking About You", dann im komisch-grenzgenialen Crossover mit dem allgegenwärtigen (Ex-)Rapper Lil Yachty und zu guter Letzt, wenn sie die titelgebende Zeile "I'm underdressed at the symphony" im Titeltrack mit einem plötzlichen Ausbruch in ein symphonisches Interlude illustriert. Ansonsten plätschert's hier lediglich angenehm (und) emotional vor sich hin.

65 / 100

Standout: "Thinking About You"
Highlights: "But Not Kiss"; "Wanna Quit All the Time"; "Lego Ring" mit Lil Yachty; "Underdressed at the Symphony"
Lowlights: "Feeling Good Today"; "He Loves Me Yeah!"; "eBay Purchase History"

"Fieber" ist das oftmals zu oberflächliche und durchwachsene neue Mixtape vom eigentlich als tiefgründig bekannten Rapper OG Keemo. Wer Deutschrap mag, sollte das auf jeden Fall trotzdem auschecken.

65 / 100

Highlights: "Fiesling"; "Tórshavn"; "3 Ringe (Outro)"
Lowlights: "Galgen"; "Guten Tag (Fv Remix)"; "Tiefschlaf (CGOON)"

Nailah Hunters "Lovegaze" ist ein wundervoll instrumentiertes Art Pop-Album, dem leider so gut wie jeglicher Biss fehlt. 

65 / 100

Highlights: "Strange Delights"; "Finding Mirrors"
Lowlights: "000"; "Adorned"

Solide und verträumte Indie Rock/Dream Pop-Kombo für "sad white girls" – gebt diesem Album eine Chance, falls ihr nach neuer Musik in dieser Richtung sucht.

65 / 100

Highlights: "Angel"; "Nightmares"; "White Ribbons"
Lowlights: /

Indie Rocks überbewertetste Posterboys Everything Everything sind zurück und machen auf "Mountainhead", ihrem mittlerweile siebten Studioalbum, mehr denn je den Eindruck, als wären sie die ausprobierfreudigere und authentische Version der Imagine Dragons für Indie-Fans. Besonders die ersten vier bis fünf Songs nach dem Opener klingen zumindest melodisch furchtbar generisch und kommerzialisiert. Irgendwie finden Everything Everything trotzdem in fast jedem dieser Songs die Balance und die ein oder andere Idee, die ihn davor rettet von Sänger Jonathan Higgs vollends zerstört zu werden – oder umgekehrt. Nach der ersten Hälfte des Albums gibt's dann einen für mich unerwarteten, wenn auch eher semi-konsequent durchgezogenen stilistischen Switch von Baroque Pop in Richtung Alternative Dance. Ich glaube, das mochte ich lieber als die erste Hälfte. Fazit: Auf der einen Seite verstehe ich, was man hieran mögen kann, aber auf der anderen Seite ist es mir auch ein Rätsel wie die sonst so kritischen, edgy Poptimist*innen und Indie-Nerds verschiedener Websites das ernsthaft so richtig gut finden – oder wie einige professionelle Journalist*innen hier Radiohead-Vergleiche ziehen können...

55 / 100

Highlights: "The Mad Stone" (Es könnte ein sehr guter Song sein, wären da nicht diese zum Haare raufenden Rap-Parts.)
Lowlights: "The End of the Contender"; "Cold Reactor"; "Buddy, Come Over"; "R U Happy?" etc.

Geese-Gitarrist*in Gus Green hat noch ein Duo und die beiden nennen sich Star's Revenge. Ihr selbstbetiteltes erstes Album hört sich an wie das im Schlafzimmer aufgenommene Debüt zweier 17-Jähriger. Teilweise hat das richtig Charme, meistens ist es gleichzeitig relativ uninteressant und gerade so annehmbar produziert. Potenzial ist dennoch zu erkennen.

55 / 100

Highlights: "Sew Us Into A Dream"
Lowlights: /

SPRINTS' Debütalbum "Letter To Self" ist die Definition von Durchschnittlichkeit. Hier passiert nichts unerwartetes oder aufregendes, obwohl die ganze Zeit Dinge passieren. Die Band muss sich damit relativ weit hinten anstellen in der Reihe an Post-Punk-Bands, die in den letzten Jahren ihren Durchbruch geschafft haben. Ein guter Freund von mir meint, dass "Letter To Self" nur ein relativer Erfolg war, weil es direkt am Anfang des Jahres erschien. Ich bin geneigt zuzustimmen.

50 / 100

Highlights: /
Lowlights: "Literary Mind"; "A Wreck (A Mess)"; "Up and Comer"

Was soll man dazu noch sagen... Ich würde "VULTURES 1" ja gerne als Album empfehlen, das man sich anhören könnte, wenn man sich über etwas lustig machen will. Allerdings halte ich das aus mehreren Gründen für moralisch nicht vertretbar. 

35 / 100

Highlights: "KEYS TO MY LIFE"; "GOOD (DON'T DIE)"
Lowlights: "BACK TO ME"; "HOODRAT"; "PAPERWORK"; "FUK SUMN"; "VULTURES"; "PROBLEMATIC"; "KING"