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Album-Review: Jack White – Fear of the Dawn

Ich hatte eigentlich nicht mehr vor dieses Album zu besprechen, seitdem ich meinen ersten Hördurchgang in Corona-Isolation nicht beenden konnte und nicht das Verlangen verspürt habe, noch einmal von vorne zu beginnen und tiefer, konzentriert in die Songs einzutauchen. Aber dann hat mein Vater erwähnt wie gut er das Album findet und schließlich haben mir zwei gute Freunde die Vinyl zum Geburtstag geschenkt. Um das aus dem Weg zu räumen, die Pressung ist fantastisch und steckt in einem außergewöhnlich hochwertigen Cover (kein Gatefold) mit mehreren Prints. Anders war es von Jack White – einem Vinyl-Enthusiasten mit eigener Plattenfirma und -presswerk – nicht zu erwarten. Am wichtigsten ist jedoch selbstverständlich die Musik, die sich auf dem Tonträger befindet – und es stellt sich heraus, dass Fear of the Dawn ein ziemlich unterhaltsames Werk ist. Jack White experimentiert an vielen Stellen und hält den Hörer mit interessanten Gitarreneffekten und -spieleren, Production-Tricks, Samples und Keyboard(?)-Einwürfen bei Laune. Im Kern ist Fear of the Dawn trotzdem ein direktes, klassisches Rock-Album, wie man es vom The White Stripes-Co-Gründer erwarten würde. Es ist darum auch keine Überraschung, dass Jack White im Moment immer wieder als neuer King of Rock ('n' Roll) bezeichnet wird. Er gehört zu den einzigen, die in diesem Stile (klassischer, direkter Rock) noch Neues bringen und solide Songs schreiben – und man kennt ihn eben schon von den White Stripes und deren Jahrhunderthit Seven Nation Army. So ist Lead-Single und Opener Taking Me Back ein richtig guter Song mit einem einprägsamen Riff und großartigem Gitarrensolo, das irgendwie ein bisschen an Bilderbuch zu SCHICK SCHOCK-Zeiten erinnert. Es geht ohne Unterbrechung, fließend und noch härter mit dem grenzwertig clichéhaften Titeltrack weiter und mit The White Raven folgt das nächste Highlight des Album, neben Into the Twilight und dem Closer Shedding My Velvet. Auch Hi-De-Ho (feat. Q-Tip) funktioniert überraschend gut für das, was es ist. Allerdings haben mich That Was Then, This is Now und Eosophobia (Reprise) nicht beeindruckt und Morning, Noon and Night – ein Anfangs äußerst vielversprechender Titel – zieht sich leider ein bisschen zu lange hin. Man kann also sagen, dass Fear of the Dawns A-Seite (Taking Me Back bis Into the Twilight) das Album hörbar dominiert. Dass die zweite Hälfte etwas abfällt, stört die Erfahrung dennoch nicht. Ehrlich gesagt hätte ich insgesamt gar nicht erwartet, dass mir Fear of the Dawn so gut gefallen würde ­– weshalb ich froh bin, das Album auf Vinyl zu besitzen – und das ist schon ein ordentliches Kompliment. 

7 / 10

Anspieltipps: "Taking Me Back"
weitere Highlights: "The White Raven"; "Into the Twilight"; "Shedding My Velvet"


Tracklist und Ratings
  1. Taking Me Back | 85
  2. Fear of the Dawn | 75
  3. The White Raven | 80
  4. Hi-De-Ho | 70
  5. Eosophobia 75
  6. Into the Twilight | 80
  7. Dusk 70
  8. What's the Trick? | 75
  9. That Was Then, This Is Now | 70
  10. Eosophobia (Reprise) | 70
  11. Morning, Noon and Night | 75
  12. Shedding My Velvet | 80