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Album-Review: King Gizzard & The Lizard Wizard – Ice, Death, Planets, Lungs, Mushroom and Lava

Mit ihrem neuen Album mit dem langen Titel Ice, Death, Planet, Lungs, Mushrooms and Lava machen King Gizzard ihr Versprechen einer Jam-Phase wahr. Die Songs des neuen Albums sind zwischen 6 und 13 1/2 Minuten lang, frei fließend und aus gemeinsamer Improvisation entstanden. Trotzdem ist die Basis jedes Stücks ein solider Song, der auch auf den Punkt gebracht funktioniert hätte. Doch das ist nicht das ganze Geheimnis hinter Ice, Death. Das zentrale Konzept des Albums ist nämlich ein anderes: Jeder der sieben Jams ist in je einem der sieben klassischen, westlichen Modi geschrieben. Diese Modi (auch Kirchtonleitern) sind zwar eine alte Idee, aber sie finden weiterhin Anwendung im Songwriting und sind ein wichtiges Instrument für Songwriter, ihren Songs komplett unterschiedliche Feelings zu geben. Dur (eigentlich Ionisch) und Moll (eigentlich Äolisch) sind solche Modi – und es gibt eben noch fünf weitere: Phrygisch, Lydisch, Mixolydisch, Dorisch und Lokrisch.
King Gizzards neues Album funktioniert vor allem in den mit Moll verwandten Modi. Besonders der Closing Track Gliese 710 löste viel Vorfreude aus. Er ist im letzten der Modi genannt Lokrisch geschrieben. Lokrisch ist ein Modus, den man so gut wie nie in der Pop- und Rock-Musik findet. Er klingt einfach nicht gut für das menschliche Ohr: unharmonisch, unbefriedigend, düster und dissonant, da er keine reine Quinte beinhaltet. In Gliese 710 sind die eben genannten Eigenschaften weiterhin spürbar, King Gizzard nutzen sie aber zu ihrem Vorteil.

Ich stand dem Jam-Ansatz, den King Gizzard im Moment verfolgen, bis zuletzt eher skeptisch gegenüber. Bei der Lead-Single zum letzten Album, The Dripping Tap, hat der Ansatz für mich nicht ganz funktioniert und einen guten Song verwässert. Mit dieser neuen Sammlung an Songs zeigen King Gizzard aber, dass es auch besser geht. Sie nutzen nicht nur die Modi, um jedem Song eine eigene Identität zu geben, sondern beziehen Einflüsse aus Jazz und Funk mit ein. 

Das Album hat trotzdem einige Längen – insbesondere beim ersten Hören. Wer mit Jam-Sessions, Improvisationen oder längeren Songs generell nicht viel anfangen kann, der wird vermutlich wenig Spaß mit Ice, Death haben. Ich habe ebenfalls meine Schwierigkeiten mit einigen etwas zu ausschweifenden Solo-Passagen, vor allem im längsten Song der Platte Hell’s Itch.
Auch viele der Texte scheinen eher im Moment entstanden und dann nicht weiter überarbeitet worden zu sein. Mit dabei sind wieder typische Motive der Band wie der Klimawandel, Weltuntergangsszenarien und mythologische, gottgleiche Figuren. Hell’s Itch, handelt von Sonnenbrand; Iron Lung vom Kampf mit einer Krankheit mit ähnlichen Symptomen wie Kinderlähmung. 

Ice, Death, Planet, Lungs, Mushroom and Lava gehört also letztendlich nicht zu King Gizzards allerbesten Werken. Das liegt aber vielleicht in der Natur des Albums. Der jammige Ansatz erlaubt eben keine allzu stringenten Songstrukturen. Darin könnte jedoch auch eine Stärke liegen: Das Album bietet musikalisch immer wieder neue Dinge zum Entdecken. Gleichzeitig hat es einen besonderen Effekt, wenn dann endlich mal wieder eine Gesangspassage kommt. Ice, Death hat außerdem eine Menge Charakter und man spürt, dass es die kollaborativste Arbeit der Band bisher ist – und wen die ausschweifenden instrumentellen Passagen langweilen, der hat noch 20 andere King Gizzard-Alben zum Ausprobieren. Diejenigen, die schon Ice, Death packt, übrigens genauso. 

8 / 10

  1. Mycelium | 75
  2. Ice V | 85
  3. Magma | 80
  4. Lava | 80
  5. Hell's Itch | 75
  6. Iron Lung| 85
  7. Gliese 710 | 80